Es gibt bisher wenig beachtete Nebeneffekte der falschen Einsprachigkeit. Der Sprachstoff wird z.B. sorgfältig ausgewählt und visuell abgestützt, einzig mit dem Ziel, dass man in der Fremdsprache verbleiben kann. Aber was hat man sich damit eingehandelt? Auffällig ist die Konzentration auf das Einzelwort. So ist z.B. das Thema „animals in the zoo“ sehr beliebt. Die Bilder sind eindeutig und die Kinder lernen die englischen Bezeichnungen, die Tiernamen ebenso wie Farbwörter und die parts of the body, aber nicht eigentlich das kommunikative Drumherum. Und o weh, wenn die Lernenden aus dem Korsett ausbrechen und mal selbst mitreden wollen! Typisch folgendes Unterrichtszitat aus dem Bericht der SZ:
„Do you like orange juice? Ein Mädchen kann sich nicht entscheiden und möchte wissen, was halb und halb heißt … Please say: I like oder I don’t like. „Halb und halb“ ist eben nicht vorgesehen.“
Die Spontaneität und Bereitschaft, wirklich das zu sagen, was man sagen möchte, sterben ab. Das Gegenteil wäre richtig: die Schülerinnen und Schüler gegebenenfalls sogar dazu zu ermuntern, in ihren Beiträgen den deutschen Ausdruck einzuflechten, wenn sie nicht weiterwissen (wie wir selbst das ja auch in entsprechenden Situationen tun). Die gut ausgebildete, sprachlich wendige Lehrkraft hilft dann mit dem fremdsprachlichen Ausdruck aus, den die Schüler von ihr übernehmen.
Einer meiner Deutschpraktikanten in England wunderte sich zunächst, warum alle Eltern seiner Schüler in den Sätzchen, die sie produzierten, die gleichen Berufe hatten, nämlich nur X, Y oder Z. Bis er dahinter kam, dass es eben die drei vom Lehrwerk mit Bildchen vorgestellten Berufe waren. Ähnlich dürfen unsere Anfänger nur die Hobbys haben, die im Lehrwerk vorkommen:
Klasse 5, erstes Jahr Englisch. Jeder soll auf die Fragen How old are you? Where are you from? What’s your hobby? ein Sätzchen schreiben. Ein Mädchen fragt: „Was heißt Galoppreiten?“ Der Lehrer: „Nehmt nur die Wörter, die wir geübt haben.“ Darauf ein Junge: „Nimm doch einfach Fußball.“
Aber mit gezielten muttersprachlichen Einhilfen lernen Schülerinnen und Schüler, sich spontan zu äußern, auch Persönliches zu erzählen und eigene Meinungen zu riskieren. Lehrende können mit der Sandwich-Technik auch Aktuelles und Unvorhergesehenes zur Sprache bringen, ohne mit umständlichen Erklärungen Verwirrung zu stiften. Sonst versuchen sie nur das zu machen, was einigermaßen einsprachig, ohne jeden Rückgriff auf die Muttersprache vermittelbar ist. Authentische fremdsprachige Kommunikation wird dann Mangelware. Es gilt, die Muttersprache als ein Kapital zu sehen, das geschickt eingesetzt, großen Gewinn abwirft. Auf das geschickte Einsetzen kommt es freilich an. Das ist etwas grundsätzlich anderes, als die Muttersprache zu „erlauben“, wenn’s sonst zu schwierig wird.