Tipps für Schüler

Ein Selbsthilfe-Programm für Schüler in 12 Schritten

1. Wenn ihr hinter anderen zurückbleibt und Versäumnisse aufholen wollt, versucht erst mal selbst, wieder den Anschluss zu finden. Denn auch ein Nachhilfelehrer kann euch das Üben nicht abnehmen. Ihr braucht allerdings nicht nur euer Lehrbuch, sondern auch einen Tonträger mit einer Audioversion der wichtigsten Lehrbuchtexte, die heute jeder Lehrbuchverlag anbietet. Nehmt euch aus jedem Lehrbuchkapitel den längsten Text vor, am besten nachdem er schon im Unterricht dran gewesen ist. Nun geht’s los:

2. Übersetzt diese Lehrbuchgeschichte, indem ihr im dazugehörigen Vokabelanhang nachschlagt. Ihr müsst den Text voll und ganz und rundherum verstehen. Es dürfen keine Unklarheiten verbleiben. Übersetzt laut, sprecht euch also den Text oder Passagen daraus auf Deutsch vor.

3. Hört euch jetzt den Originaltext an, bei aufgeschlagenem Buch, und geht den Text mit dem Finger untern den Zeilen nach. Ist die Hörversion schnell gesprochen, betätigt öfter die Pausentaste. Merkt euch dabei: So wird’s ausgesprochen!

4. Den Text nun mehrmals nur anhören, z.B. bei der Küchenarbeit, bei der Morgentoilette, beim Anziehen, vor dem Schlafengehen, an der Bushaltestelle usw., auch mal leise mitsprechen

5. Denselben Text laut lesen, aber auf besondere Art! (Hier greifen wir in die Trickkiste…) Schaut auf den Text, lest still den ersten Satz oder Teilsatz oder auch nur die erste Wortgruppe, schaut dann auf vom Buch und sprecht die Wortgruppe laut aus dem Kopf, und dann genau so weiter im Text. Also noch mal: Blick in den Text, sich ein Stück merken, aufschauen, sprechen; dann weiter mit dem nächsten Textstück. Wirklich laut sprechen, klar sprechen und dabei möglichst das natürliche Sprechtempo erreichen. Wer das öfter macht, wird auf  einem Blick immer längere Sinngruppen erfassen, bis hin zu ganzen Sätzen.

Ihr könnt auch mit dem Buch in der Hand laut deklamierend auf und ab schreiten. Mit Bewegung geht’s besser, berichten einige. Da braucht man sich nicht albern vorkommen. Englisch im Gehen – English while walking.

6. Deklamieren. Vielleicht habt ihr Spaß daran, beim ablesen etwas toll vorzutragen. Also zugleich  etwas schauspielern,  etwas mit großer Geste und mit starker Stimme vortragen, als hätte man ein großes Publikum vor sich, das aufmerksam zuhört und das man fesseln möchte. Also Körpersprache und die Stimme so einsetzen, dass sie den Text stützt. Körpersprache wirkt befreiend, ja geradezu therapeutisch. Wer einen Notenständer hat, benutzt ihn, um die Hände frei zu haben für die passenden Gesten.

Wer Texte laut vorträgt, übt automatisch Aussprache, Grammatik, Wortschatz und Idiomatik, die in dem Text stecken. Man merkt,  wie oft man noch stockt, und wo man noch stottert. Man muss das laute Vortragen so lange üben, bis man die Sätze mit einem Atembogen durchlaufen kann, ohne Unterbrechung und Korrekturen.

7. Selbstdiktat.

Vor Klassenarbeiten Rechtschreibung wie folgt üben: Statt den Text wie üblich abzuschreiben, schreibt ihr ihn auf besondere Weise ab: Ihr blickt in den Text, merkt euch ein Stück, schaut dann weg vom Text (also wie in Punkt 5) und diktiert euch den Text. Danach das Geschriebene mit dem Gedruckten vergleichen und korrigieren. Noch mal:

  1. Lest einen Satz oder Teilsatz oder eine Wortgruppe laut.
  2. Schaut weg vom Text und schreibt das Gelesene hin. Indem ihr es schreibt, sprecht ihr noch mal jedes Wort laut. Also langsam, nehmt euch Zeit.
  3. Sprecht jetzt den ganzen Satz noch mal.
  4. Vergleicht das Geschriebene mit dem Gedruckten und korrigiert den Text

Übrigens: Da ihr ja wieder mit ganzen Texten arbeitet, ist dies mehr als eine bloße Rechtschreibübung!

Allgemein gilt: mehrfach denselben Text durchgehen, man lernt immer wieder hinzu.

8. Erst Echosingen, dann Mitsingen.

Besorgt euch aus dem Internet die lyrics der songs, die ihr gerne hört. Text ausdrucken. Seht zu, dass ihr den Text richtig versteht, voll und ganz, wie bei den Lehrbuchgeschichten, z.T. gibt es auch Übersetzungen, denen aber nicht immer zu trauen ist.  Echosingen geht so: Versucht in den Textpausen – wenn der Sänger nicht singt – das zuvor Gehörte schnell nachzusprechen. Das geht bei vielen Liedern, mit ein paar Überlappungen. Danach richtig mitsingen. Auf Youtube findet ihr auch songs,  bei denen die Textzeile auf dem Bildschirm mitläuft, wie beim Karaoke. Wichtig ist, dass wir richtig hören, die Textzeile nur als zusätzliche Stütze nehmen und nicht nach der Schrift aussprechen.

9.  Einstieg ins selbständige Lesen.

Richtig Lust an der Sprache bekommt man, wenn man selbständig Bücher lesen kann, die einem wirklich interessieren. Der einfachste Weg dahin führt über die Muttersprache. Natürlich muss man mit leichter Lektüre beginnen. Wer z.B. gern Comics liest, z.B. Astérix, besorgt sich sein Lieblingsheft, das er ja gut kennt, auf Französisch, Englisch usw. Meine Studenten berichten, wie sie auf den Geschmack einer Fremdsprache gekommen sind, als sie begannen, bekannte, alte Jugendbücher wie die Geschichten von Enid Blyton (Die fünf Freunde/ The famous five) nunmehr im Original zu lesen.  Oder: Wer die Bibel gut kennt, liest die schönen Gleichnisse aus dem Neuen Testament zunächst in einer modernen deutschen, dann in einer modernen  fremdsprachigen Übersetzung –  alle Texte stehen zum Herunterladen im Internet. Man kann auch Grimms Märchen noch einmal lesen. Wer besondere Hobbies und Interessengebiete hat, liest darüber in Wikipedia, wieder zuerst die deutschen Artikel, dann die entsprechenden fremdsprachigen.

Einen besonders leichten Einstieg in die fremdsprachige Lektüre bieten die sprachlichen Mischtexte, des Autorenpaars Emer O’Sullivan und Dietmar Rösler. Sie haben eine Reihe „deutsch-englischer Geschichten“ vorgelegt, die in der Jugendbuchreihe rororo rotfuchs erschienen sind, u.a. : I like you – und du?; It could be worse -oder?; Mensch, be careful!

Diese spannenden Krimis in englisch-deutschem Sprachmischmasch sind so fesselnd geschrieben, daß sich Jugendliche mit drei bis vier Jahren Englischunterricht auch durch die englischen Teile hindurchlesen. Die muttersprachlichen Textteile sorgen dafür, daß man immer weiß, worum es geht, und auch den Faden nicht verliert, wenn man mitunter ganze Zeilen des englischen Textes nicht versteht. Sie treiben die Geschichte voran. Der Leser, einmal von der Situation gepackt, will wissen, wie’s weitergeht und gibt nicht auf, auch wenn er über unbekannte Wörter stolpert. In den Geschichten begegnen sich jeweils ein deutscher und ein englischsprachiger Teenager, zwischen denen sich eine verstehende Zweisprachigkeit entfaltet: Jeder bleibt mehr oder weniger bei seiner Muttersprache, und die in der Schule erworbenen Fremdsprachenkenntnisse reichen aus, dass man sich verständigt.  Hier eine  Leseprobe aus dem zweiten Kapitel von Mensch, be careful! (1986,12), in dem Fiona aus Irland und Edzard aus Emden zum ersten Mal aufeinander treffen:

Since she had left the house that morning she had noticed that he was never far away, and now it was pretty obvious that he was shadowing her. She marched straight up to him.
„Was willst du?“ she demanded.
Edzard wurde rot. „Wie meinst du das, was will ich? Ich habe doch‘ gar nichts gesagt.“
Fiona was angry. „Gar nichts gesagt, aber … aber …“ Shit! This bloody language. To hell with it, she’d just have to try it in English. „You’ve been following me all day long. I mean it’s bad enough you having crashed into me on the bicycle yesterday and then having raced off without saying a word, but if you want to apologize, you don’t really have to follow me around all day to do so.“
„Sorry“, entschuldigte sich Edzard. Er zögerte einen Moment. „I didn’t want to make you sick“, fuhr er fort. Fiona had to smile. „Make me sick? What do you mean?“
„Verstehst du mich, wenn ich Deutsch rede?“ fragte er zurück.
„Yeah, more or less.“
„Ich wollte sagen, daß ich dich nicht kränken wollte.“
„You didn’t want to annoy me. O.K., but then why were you following me?“

Britta berichtet, wie sie in einem Buchladen auf diese Texte mit dem neuartigen Sprachmischmasch stößt:

„When I was looking for a new book in the shelves of a local bookstore at the age of perhaps thirteen, I stumbled across a book called It could be worse – oder? by O’Sullivan / Rösler. This is a German-English mixed reader about an Irish boy and a German girl whose parents fall in love and thus move the families to Ireland. When I discovered this, curiosity got the better of me. I just wanted to give it a try. I had never read an authentic English text before, all we did at school was ‘boring’ textbook work. At this time, I first became intrinsically motivated in the language. I desperately wanted to read the book and, surprisingly, it worked out fine. My parents, happy that I eventually developed some interest in a foreign language provided me soon with the other books of this series, which are Mensch, be careful!, Butler & Graf, Butler, Graf & Friends: Nur ein Spiel? and Butler, Graf & Friends: Umwege. From this point onwards, I started to read English books.“

Ehemalige Schüler berichten, wie das Sprachenlernen quasi zum Selbstläufer wurde, als sie mit eigener Lektüre anfingen, u.a. auch mit easy readers, d.h. mit sprachlich vereinfachten und gekürzten Texten:

Apart from the books read in school, our teacher encouraged us to read English books at home. Privately, I often read simplified school editions or bilingual editions of short stories, especially detective stories, and novels such as Treasure Island and The Third Man. (Berit)

As soon as I could I started to read English books for the younger reader, e.g. books written by Enid Blyton in a somewhat simplified language. The words which could not be expected to be known were explained at the bottom of each page. Reading has always been one of my favourite hobbies, it was the most appropriate way to flee from reality and enter another world in which I could give way to my own imagination. (Birgit)

I was about fifteen, and I began reading an English book called At Risk in my normal, careful foreign language way of reading: looking up words, reading very slowly, minding each word, translating to myself many sentences.

But it was such an exciting story, and so sad and dramatic, that suddenly I couldn’t stop reading, and only when I had finished the whole book, I remembered it had been in English. A real, normal English book. It took me literally about five minutes to get over the shock of seeing I had read the 200 pages in English without ever noticing, but then I hastened to the library to see if it would work again. It did.

11. Lektüre für Fortgeschrittene. Wer Lust am Lesen fremdsprachiger Bücher bekommt, der hat schon gewonnen.  Zügiges Lesen von Originaltexten erlaubt  Kindle. Die elektronischen Bücher haben einprogrammierte Wörterbücher. Beim Lesen markiert man die unverständliche Textstelle und man bekommt in Nullkommanix einen Übersetzungsvorschlag.

Natürlich gibt es auch zweisprachige Textausgaben mit dem Originaltext auf der linken und der deutschen Übersetzung auf der gegenüberliegenden Seite.

10. Wunderbar lässt sich mit DVDs arbeiten. Wir erhören und erlesen uns Szene nach  Szene, so dass wir sie am Ende fast aus­wendig können, etwa in folgenden Schritten:

1) deutsche Fassung

2) fremdsprachige Fassung mit deutschen Untertiteln

3) fremdsprachige Fassung mit fremdsprachigen Untertiteln

4) fremdsprachige Fassung ohne Untertitel

Stets wird man von der Pausentaste reichlich Gebrauch machen, dabei je nach Lust und Laune mitsprechen oder nachsprechen. Szenen können übersprungen oder mit deutschem Ton oder nur mit deutschen Untertiteln überbrückt werden. Leider entsprechen die Untertitel der synchronisierten Fassungen oft nicht dem tatsächlich Gesagtem. Anderseits ist es eine reizvolle Aufgabe, die Untertitel richtig zu stellen. Nebenbei: Kulturelle Unterschiede werden in keinem anderen Medium so deutlich wie im Film und geben Anlass zu vielfältigen Beobachtungen und Betrachtungen. Experimentiert selbst, bis ihr die euch passenden Arbeitsschritte für einen bestimmten Film findet. So könnt ihr z.B. interessante kleine Szenen mit Partners durchspielen und auf einer Party vorführen. Noch nie war Sprachen­lernen so interessant wie heute!

12. Das Gespräch suchen.

Das ist der Ernstfall. Wir treffen auf Ausländer, zu Hause oder auf Camping-Plätzen usw. Da ist unser Englisch gefragt. Die Devise lautet: Kontakt suchen, sich durchbeißen und nicht aufgeben.

Tipps zum Selberlernen

Vorweg: Es gibt keine Wundermethode, aber viele leere Versprechungen, mit denen man den Leuten das Geld aus der Tasche zieht. Sprachenlernen ist allemal Gedächtnisarbeit, (d.h. Wiederholungsarbeit!), die einem keiner abnehmen kann. Es gibt allerdings hochbegabte Sprachtalente mit einem Supergedächtnis, aber bis heute weiß die Wissenschaft nicht so recht, wie sie es schaffen, so viele Sprachen zu behalten, ohne sie auch oft zu gebrauchen. Ich selbst habe mich z.B. sprachlich auf Auslandsaufenthalte in Finnland und dem damaligen Jugoslawien gründlich vorbereitet und mich alltagsprachlich ein wenig durchgekämpft, habe aber danach alles wieder sehr schnell vergessen, ja: komplett vergessen. Selbst mein Englisch (schließlich habe ich je ein Jahr zuerst in den USA, dann in England verbracht) bröckelt allmählich ab, durch Nichtgebrauch.

Shadowing.

Ich empfehle das Shadowing, wie es der polyglotte Alexander Arguelles propagiert, ausgefeilt und über seine eigene Website (http://foreignlangua­geexpertise.com/) und Youtube vor­bildlich demonstriert hat. Es ist eine Art Echosprechen. Hauptsächlich (nicht ausschließlich) mit dieser Selbst­lerntechnik hat sich Arguelles über 20 Sprachen erarbeitet. Benötigt werden ein fremdsprachliches, gedrucktes Original nebst Übersetzung, dazu eine Audioversion. Damit wird ein wenig an den Trojaentdecker Heinrich Schliemann erinnert, der ebenfalls mit Ganzschriften und Übersetzungen arbeitete, allerdings gab es noch keine Audioversionen.

Das konzentrierte, laute Nachsprechen erfolgt am besten im Gehen (Alexander Arguelles empfiehlt strammes Gehen), draußen, mit Kopfhörer und dem Buch in der Hand. Man kann sich dieses Multitasking schrittweise erarbei­ten, indem man z.B. zunächst die Übersetzung liest und neben das Original hält. So hat es auch Schliemann gehalten: Um eine neue Sprache zu lernen, nahm er vorzugsweise einen alten, ihm schon gut bekannten Text, der ihm übersetzt in der zu lernenden Sprache vorlag. Man lernt etwa in der Art, wie auch Simultandolmet­scher zugleich beides können, abhören und sprechen/übersetzen.  Um Mut zu fassen, versuche man das gleichzeitige Hören und Echosprechen mit mutter­sprachlichen Texten: Es geht! Dabei merkt man auch, dass es nicht mit jedem Text gleich gut geht, da manche Texte zu schnell gesprochen werden. Statt mit Kopfhörer und Buch in der Hand zu marschieren, kann man  auch mal probieren, bei leichten Küchenarbeiten, die kaum Auf­merksamkeit abziehen, einen bekannten, wohl verstandenen Text abzuhö­ren und laut mitzusprechen. Regelmäßiges Üben mit vielen Wiederholungen ist nötig. Wir sind ja statistical learners, unser Gehirn verrechnet Schrift-Laut-Korrespondenzen und andere Regelmäßigkeiten, etwa Endungen, die immer kombiniert mit anderen Elementen auftauchen. Dazu braucht man aber Stehvermögen. – Arguelles ist keiner, der eine Wundermethode fanatisch vertritt, sondern empfiehlt, selbst zu experimentieren. Er ist ein Sprachenliebhaber, der sich auch entsprechend Zeit zum Lernen nimmt.

Ich hab es selbst noch nicht ausprobiert, aber es gibt einen freeware sound editor „Audacity“, mit dem man Hörtexte ohne Verzerrungen verlangsamen kann. Alexander Arguelles schrieb mir  dazu Folgendes: „On MP3 players that have been designed for audiobook listeners in  mind (such as my Sansa Clip + from SanDisk), there is a built-in speed control  that allows you to listen at slow, normal, or even high speed if you should  wish.“

Beim shadowing sollten Sie auch experimentieren. Einige empfehlen z.B., nur mit der Audioversion zu beginnen, d.h. diese ohne Text und ohne Übersetzung halb mitzusprechen, halb nachzusprechen (blind shadowing). Dann den Text mitsprechen und zugleich die Übersetzung mitverfolgen.  Danach erst den gedruckten Text mitzunehmen usw. Den muss man sowieso außen vor lassen bei anderen Schriftsystemen, es sei denn, es ist Mandarin-Chinesisch, da sollte man die Pinyin-Version benutzen (also die Umschrift der chinesischen Schrift auf der Basis des lateinischen Alphabets).

Beim shadowing ist das Gehirn damit beschäftigt, ständig die zwei Informationskanäle miteinander  zu verbinden, d.h. Gesehenes und Gehörtes miteinander abzugleichen. Wir müssen uns bemühen, dabei primär dem Gehörten den Vorrang zu lassen und den gedruckten Text nur nebenher wahrzunehmen, gewissermaßen peripher (um nicht nach der Schrift auszusprechen, z.B. Englisch post wie deutsch Post).

Eine zweisprachige Textausgabe, d.h. eine gute Übersetzung genügt nicht bei Sprachen, die ziemlich anders gebaut sind als das Deutsche.  Hier empfehle ich die schon seit langem auf dem Markt befindlichen Assimil-Kurse, weil sie mit der guten Übersetzung auch eine wörtliche Übersetzung bieten. Man benutze auch die Kauderwelsch-Reihe, die Zweifach-Übersetzungen liefern, aber nur Einzelsätze, keine Texte. Beim Sprachenlernen müssen wir nämlich nicht nur verstehen, was gemeint ist, also französisch „huit heures moins cinq“ heißt „fünf vor acht“, wir müssen auch verstehen, wie’s gesagt ist, Wort für Wort: „acht Stunden weniger fünf“: Das ist das berühmte Doppelverstehen, die Grundbedingung allen Spracherwerbs. Die fremde Sprache wird durchschaubar, sie wird in der Muttersprache gespiegelt, und wir können eigene Sätze riskieren. Noch ein Beispiel: Wir sagen: „Guten Appetit“, wie die Franzosen „Bon appétit“ sagen, doch im Englischen heißt es  „Enjoy your meal.“ Aber nur wenn wir auch wissen, dass es wörtlich „genieße dein Essen“ heißt, können wir uns an eigene Sätze nach gleichem Muster heranwagen, etwa „enjoy the game“ , enjoy the dance“, enjoy your icecream“ usw.

Sehr gute Tipps hat Robert Kleinschroth, Sprachen lernen. Der Schlüssel zur richtigen Technik. Rororo

Die Sprache wollen.

Wer sich Zeit für eine Sprache nimmt, hat diese Sprache schon angenommen. Denn zum fruchtbaren Lernen gehört eine gefühlsmäßige Bereitschaft. Manchmal ist es schlicht die Einsicht in die Notwendigkeit. Not lehrt beten und Not lehrt lernen, auch Sprachen lernen. Als Grillparzers Abreise nach London heranrückt, versucht er es zunächst mit Privatlehrern, gibt dann auf und beschließt, “erst im Strome selbst das Schwimmen zu versuchen.” (Selbstbiographie). Viele Emigranten, die ihr Land Hals über Kopf verlassen mußten, um ihre nackte Haut zu retten, hatten da gar keine Wahl. „Sprache stellt sich ein durch Notwendigkeit…oder sie stellt sich ein, weil ich das will, dringend will, und weil ich mich dringend darum bemühe. Sprache kann nicht gemacht und sie kann nicht verordnet werden, sie muß sich einstellen.” (Peter Bichsel, Praxis Deutsch 1997, 7)