Grundkonzept für einen neuen Anfangsunterricht

Richtig Anfangen: Grundkonzept für einen neuen Anfangsunterricht (von der Grundschule bis zur VHS)

„Richtig anfangen“ basiert auf fünf Grundannahmen. Die erste:
Sprachen werden besonders gut gelernt, wenn sie inszeniert und gestisch gestützt werden. Das ist Kommunikation in Bewegung, mit allen Sinnen. Menschen sind von früh auf befähigt, sich in andere hinein zu denken und hinein zu fühlen. Das ist unser soziales Talent. Kinder forschen in unseren Gesichtern, lächeln uns an und erwarten, dass wir zurücklächeln. Ab zwei können sie so tun, als ob eine Banane ein Telefon wäre. Wenig später können sie sich gewissermaßen Masken aufsetzen, können sich neue Namen geben und ohne weiteres Vater, Mutter oder den eigenen Hund spielen. So können sie mit Gusto Szenen nachspielen, in denen Menschen miteinander handeln, sich streiten oder aufeinander zugehen. Gesichter, Augenkontakt, Körpersprache – da hinein ist Lautsprache verwoben, und genau darauf bauen wir auch die neue Sprache auf, bei Kindern wie bei Erwachsenen.

Sprache hat Melodie und Rhythmus. Beide, Sprache und Musik, sind Ausdrucks- und Kommunikationsmittel zugleich und aktivieren großenteils dieselben Hirnareale. Neugeborene erfassen zuerst die musikalischen Komponenten der Sprache. Die Verwandtschaft mit der Musik gilt es zu nutzen. Also wird viel gesungen und gerappt.  Klar: Nicht jedem Lehrer gelingt das Singen gleich gut.  Aber Musik und Rhythmus können uns durch die vielen, für die gute Aussprache notwendigen Wiederholungen hindurch tragen. Außerdem kann Musik intensive Glücksgefühle bewirken und den Gemeinschaftsgeist stärken.

Die dritte Grundannahme: Unser Sprachsinn hat sich in und an der Muttersprache entfaltet. Sie ist für jeden Fremdsprachenlerner der größte Aktivposten. Wir können eine fremde Sprache überhaupt nur verstehen und sprechen lernen, weil wir uns schon als Säugling, Kleinkind und Kind jahrelang in Sprache eingearbeitet und kommunikative Kompetenzen erworben haben. Dieses schon in uns angelegte Wissen und Können gilt es konsequent auszureizen. Dann gelingt es auch, die Lernschwachen mitzunehmen. Muttersprachliche Mithilfe ist der Garant des Lernerfolgs. Denn ohne sie wären spielbare Sketche, die dem entwickelten kommunikativen Niveau der Lerner entsprechen, wie auch authentische Lieder, die ihrem Geschmack entsprechen und zugleich sprachliche Substanz bieten, von Anfängern nicht zu meistern. Formen der Zukunft oder der Vergangenheit, des Fragens oder Verneinens usw. können schon in den ersten Texten vorkommen. Eine strenge Ausrichtung an der Grammatik (die traditionelle grammatische Progression) sowie eine ebenso strenge Beschränkung des Wortschatzes werden überflüssig.

Die vierte Grundannahme: Sprachen sind kombinatorische Systeme, die immer neue Kombinationen erzeugen. In der Sprache machen wir „unendlichen Gebrauch von endlichen Mitteln“ (Humboldt). Hier gilt es ein grammatisches Potential richtig zu nutzen, das schon in der Sprache und im Sprachlerner steckt: das satzerzeugende, das generative Prinzip. Die eingeübten Konstruktionen und Redemittel dürfen nicht in den Basistexten, seien es Sketche oder songs, eingekapselt bleiben, sondern müssen variiert werden, um für neue Situationen zu passen. So wird ein Vers aus einem sea shanty für Alltagskommunikation nutzbar gemacht: What shall we do with the drunken sailor? => What shall I do with my hair? => What shall I do with my life?

Die fünfte Grundannahme betrifft das schriftgestützte Hören: Für Lerner, die schon lesen und schreiben können, sind neue Basistexte zugleich mit dem Schriftbild einzuüben, nach Art des Mitlesverfahrens.

Die theoretischen Grundannahmen werden hauptsächlich mithilfe von vier Arbeitstechniken praktisch umgesetzt:
• mit der Sandwich-Technik (siehe Wikipedia),
• mit der muttersprachlichen Spiegelung
• mit mündlichen, halbkommunikativen bilingualen Strukturübungen.
• mit der Mitlestechnik
Zwar bedeutet das Einstudieren von Liedern und Einüben auch kurzer Sketche für Anfänger stets intensive Arbeit. Sie wird aber gern geleistet, wenn am Ende der gut gespielte Sketch steht. Denn die Lerner werden doppelt belohnt. Die fremden Sätze kommen ihnen leicht von den Lippen. Zudem wird die Freude über das sprachliche Können durch das spielerisch-darstellende Element noch gesteigert. Denn der Sketch wird schon zum eigenen Text, wenn man ihm Stimme und Präsenz verleiht. Erst recht dann, wenn man aus gelernten Versatzstücken neue Texte schneidert und spielt.

Get it right at the beginning

My foreign language teaching philosophy

“The difficulty lies, not in the new ideas, but in escaping  from the old ones.” (John Maynard Keynes)

I make four basic assumptions. First, languages are best learned when we act out situations and communicate face to face. There is eye contact, movement , body language. From very early on we can feel and think ourselves into other persons.  This is our social talent and our lifelong occupation. Pretend play is a way for young children to cope with situations, to gain experiences and better understandings of the world around them. Language is part and parcel of these situations, whether banal and every day, or critical, dodgy and delicate, serious or hilarious. Emotions are omnipresent. That’s why dialogues / sketches are our basic teaching texts, and they must be acted out face to face. Our learners, if rightly taught, perform them with verve and gusto no matter whether they are children or adults, slow or fast learners.  With our social brains we are naturally born performers and masters in make-believe.

School-We love it (Soundtrack)

English is cool (Soundtrack)

Sleeping in class (Soundtrack)

My second assumption is that our mother tongue – or another naturally grown and acquired language – provides  the foundational skills for foreign language learning. Years of mother tongue input and interactions have altered our brains and shaped our minds in ways that are overwhelmingly helpful for the acquisition of new languages. Here is an enormous capital that must be unlocked, freed up, and worked with cleverly rather than left aside.  Without mother tongue support, beginners couldn’t cope with the kind of linguistically demanding and eminently actable sketches needed to engage their interest. Future- or past-tense forms, if-clauses, passives, i.e. constructions usually offered later in the course, can be used right from the beginning. (They can be systematised and summarised at later stages). From the very first lessons, we can tap the communicative creativity and sophistication which we all possess in our mother tongue. Authentic songs are equally available from early on. My primary school kids learned to sing Sam Cooke’s Wonderful World and even the word famous Yesterday (which indeed proved a bit difficult). Weak learners need not fail.

The third basic assumption concerns compositionality as an essential feature of language: in language, we make “infinite use of finite means” (Humboldt). A finite stock of words or word groups can be recombined again and again to produce innumerable novel sentences – and thus, new ideas. This means that the words and constructions of the basic texts must not remain encapsulated in those texts, but must be extracted, recombined and varied in order to fit new situations.  (What shall we do with the drunken sailor? => What shall I do with my hair? => What shall I do with my life?). Unfortunately, bilingual techniques as well as the generative principle  have been largely ignored by recent methodologies.

The fourth assumption concerns the fact that the printed text can be an aid to listening rather than an interference factor.  Again, if  rightly taught,  the mutual support of script and sound outweighs possible interference effects.

These assumptions lead to four techniques that teachers should master:

  • The sandwich technique (see Wikipedia)
  • Mother tongue mirroring
  • Oral, bilingual semi-communicative pattern drills
  • The simultaneous reading technique  (Mitlesverfahren)

Complete mastery is never easy and must be attained through intensive practice. But learners are highly rewarded. The dialogue sentences will flow easily from their mouths.  It’s even more satsfying if they can vary the sentences to suit their own personal communicative needs. And giving the sketch a personal voice and a personal presence by acting it out is highly enjoyable.